Wasser-Welten

Rhein-Neckar-Zeitung, 27. Juni 2012

„Sie macht aus Wasser Emotionen“

Sigrid Kiessling-Rossmann zeigt im Kulturforum „Wasser-Welten“ – Brillante gespiegelte Sehnsuchtsbilder

 

„Langen die Stühle?“, fragte Kunstvereins-Vorsitzender Werner Zeh. Und freute sich darüber, dass die Vernissage von Sigrid Kiessling-Rossmann (Künstlername: SIRO) trotz des ungewöhnlichen Termins am Freitag Abend über 50 Kunstinteressierte ins Buchener Kulturforum „Vis-à-Vis“ lockte. „Wasser-Welten“ widme sich zwar nur einem einzigen Motiv, sei aber alles andere als eine einseitige Ausstellung.

Seit über 20 Jahren kenne er die Mannheimer Künstlerin, betonte Zeh. Sie habe auch schon in der Region ausgestellt, etwa 1996 bei „Kunst im Krankenhaus“. Heidrun Breiding galt der Dank des Redners. Sie habe nicht nur SIRO vorgeschlagen, sondern auch die Schau kuratiert. „Ohne Wasser gäbe es kein Leben auf der Erde. Wasser ist Leben“, stellte Dr. Wolfgang Hauck, Erster Beigeordneter der Stadt Buchen und Vorsitzender des Bezirksmuseums, fest. Selbst der Mensch durchlaufe im Mutterleib „eine aquatische Phase“.

„Haben Sie mit Kunst was am Hut?“, fragte Laudatorin Yvonne Weber. Die Reime schmiedende Kunsthistorikerin führte so unterhaltsam wie ausführlich in die Thematik ein. Zwar bedecke Wasser 72 Prozent der Erdoberfläche. Dennoch würden seit der Antike Kriege um Wasser geführt. Eher Glücksgefühle riefen jedoch die in der Ausstellung bevorzugt gezeigten Wasserspiegelungen beim Betrachter hervor. Was nicht überrasche, denn: „See und Seele sind etymologisch verbunden.“ Die in Würzburg geborene Künstlerin habe in Salzburg und Paris  studiert. Ihre Affinität zum Wasser komme nicht von ungefähr. Lange Zeit verbrachte sie auf einem Segelboot. Zusammen mit ihrem Partner, der eine Weltumsegelung im Blick hatte. Reisen führten Siro nach Afrika, Asien und in die USA.

Ihr Lieblingsmotiv, die Wasserspiegelungen, zoome SIRO so nahe heran, dass es „ein bisschen abstrakt“ wirke. So schaffe sie aus Wasser Emotionen. Tiefenwirkung und Brillanz entwickelten die Fotoprints - auf Acrylglas oder Aludibond aufgebracht. Zur Kontemplation verführten die technisch anspruchsvollen Holzdrucke. SIROs Acrylmalerei zeige innere Landschaften, echte „Wasser-Welten“.

„Es waren Ausnahmesituationen, wie man sie nur auf dem Wasser sehen kann“, erläuterte Sigrid Kiessling-Rossmann. Das Licht, die Wasseroberfläche und der Wind mussten stimmen, bis ihre Fotografien entstehen konnten. Allerdings habe sie die Fotos ursprünglich nur archiviert. Simple Erklärung: „Ich male nur nach der Realität oder innere Bilder, nicht nach Fotos.“ Erst nach Jahren sei sie auf die Idee gekommen, auch ihre Fotografien als eigenständige Kunstgattung auszustellen.

Als Ausgangspunkt der Augenreise durch eine technisch versiert umgesetzte, dabei äußerst dekorative Motivserie, dient die Monotypie einer Hafenansicht. Bei diesem Einmaldruck werden  Containerstapel zu farbigen Quadraten abstrahiert. Aleatorisch geronnene Liniengewirre und eine Reduktion auf starke Farben charakterisieren viele  Fotografien. Erdige Farbtöne bringt die recht graphisch gehaltene Serie „Sylt“ ins Spiel. Als Gegengewicht zur Hochglanz-Optik der Prints wirken die in matter Farbigkeit gehaltenen Acrylbilder. Die Wand verlassen drei „Wasser-Fahnen“, die beidseitig mit  archaisch wirkenden Wellen-Mustern bedruckt sind und frei im Raum hängen. Die „Wasser-Welten“ bilden vielleicht unbewusst einen Gegenpol zur aktuellen Kunstvereins-Ausstellung von Hans Doppel in Mosbach. Hier feminin-luftige Bilder, die bei aller Eleganz an der Oberfläche bleiben. Dort ein maskulin-tiefsinniger Blick auf die Elementare des Weltentheaters. Der Wasser-Gedanke führt inhaltlich beides zusammen. Trennte doch ein Fluss namens Styx nach der antiken Vorstellung das Reich der Lebenden von dem der Toten.

 

Das bei der Vernissage entstandene Foto zeigt (v.l n.r.) Laudatorin Yvonne Weber, Sigrid Kiessling-Rossmann, Erster Beigeordneter Dr. Wolfgang Hauck, Kunstvereins-Vorsitzender Werner Zeh und Kuratorin Heidrun Breiding

 

 

Text und Foto: Peter Lahr, Billigheim  Vielen Dank an den Autoren für die Genehmigung zur Veröffentlichung

 

 

 

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