Pressearchiv 2009

Rhein-Neckar-Zeitung, 22. September 2009

Wo, bitte, geht’s zur Kunst?

Ursula Drenker zeigt im Alten Schlachthaus „Farb – Raum – Körper“

 

Von Peter Lahr

Der Weg zur Kunst kann mitunter schwierig sein. Nicht nur im übertragenen Sinne, auch ganz praktisch. Am Sonntag hatte ausgerechnet der Laudator so seine Mühe, das Domizil des Kunstvereins im LGS-Park „ohne Navi“ zu finden. Dass ihn hilfsbereite Zeitgenossen statt zum alten zum aktuellen Schlachthof schickten, klingt geradezu kafkaesk. Doch könnte man diesen Vorfall zum Anlass nehmen, über eine Beschilderung direkt ab der B27 nachzudenken.

„Ursula Drenker betont, nicht die Realität abzubilden, sondern eine neue Wirklichkeit zu schaffen“, zitierte Kunstvereinsvorsitzender Werner Zeh. Die in Neckarsulm lebende Künstlerin habe sich vom Figürlichen kommend in den letzten Jahren hin zu einer Farbflächenmalerei entwickelt. Dass daran das Studium an der Freien Kunstschule Zürich nicht ganz unbeteiligt gewesen sei, mutmaßte der Redner. „Ähnlich und doch ganz anders“ als die vorangegangene „Blau“-Ausstellung von Thomas P. Kausel empfand Zeh die Schau, mit der die Saison des Kunstvereins in Mosbach ende.

Landrat Dr. Achim Brötel sah bereits im Ausstellungstitel „Farb – Raum – Körper“ einen Dreiklang, der neugierig mache. Paul Klees Erkenntnis „Farbe ist Kraft. Farbe ist Leben“ fortführend, sah er in Drenkers Werken, dass die Farbe selbst Substanz werde. Dem Kunstverein dankte der Landrat, dass er das Vorurteil Lügen strafe, Kunst und  Kultur fänden nur in städtischen Ballungszentren statt.

„Die Bilder mit sehr subtiler Malerei trösteten sie sicher über die Wartezeit hinweg“, hoffte Laudator Dr. Bernhard Stumpfhaus. Dem Heilbronner Kunsthistoriker gelang es ausgezeichnet, nachvollziehbare Wege des Zugangs zu Drenkers Werken darzustellen. „Sie strahlen Ruhe aus, wirken meditativ.“ Bei dieser Aussage der Künstlerin wollte er nicht stehen bleiben. Denn wenngleich die Gemälde zunächst „nur“ nach Farbfeldmalerei aussähen, so wollten sie gleichwohl das herausarbeiten, was normalerweise unter unserer Sehschwelle liege. „Das menschliche Auge will immer Farbe haben.“ Dieses von Hans Magnus Enzensberger formulierte Grundbedürfnis erfüllten die Gemälde. Doch verwende Ursula Drenker keine Bedeutungsfarben – etwa nach dem Prinzip Rot = Blut. Sie lehne auch den Begriff der Abstraktion ab, den sie mit „Weglassen“ übersetze. Stattdessen wolle sie informell sein. Ihre Farben verwiesen nur auf sich selbst.

Wenn Ursula Drenker in ihrem Kelleratelier arbeite, streife ihr Blick keine Gegenstände, keine Landschaften. Entstehung und Werk könne man ins Umfeld der Achtsamskeit-Meditation stellen. „Mich irritiert, dass die Farben matt erscheinen“, betonte Dr. Stumpfhaus. Nicht glänzend überhöhte Farben wie bei Rothko oder den Ikonen begegneten dem Auge des Betrachters. Drenkers Malerei sei eine Herausforderung, sie sei „rein profan“ und verzichte auf alles, was uns Sehen bedeute. Fazit: „Die Bilder zeigen, was wir sehen, wenn wir nichts sehen.“ Etwa die flirrenden Muster, die vor unserem inneren Auge erschienen, wenn wie die Augen schließen.

„Ich will nicht, dass jemand ein Gesicht darin erkennt“, stellte Ursula Drenker klar. Wenn sie die Acrylfarben mit dem Lappen auf die Leinwand auftrage, achte sie sehr darauf, dass keine Formen entstünden. Dass unter den gut 20 in Gelb-Orange-Tönen gehaltenen Bildern ein Ausreißer in Blau hängt, erklärte sie mit dem Übergang der Farben eines Tages. Schorfig, kantig, wie lange den Unbilden des Wetters ausgesetzte Mauern wirkt manche Oberfläche von Drenkers Gemälden. Andere erinnern an Wasseroberflächen der Impressionisten. Mitunter tauchen technoide Rasterungen auf. Organisch verdichtet sich die All-over-Malerei mitunter schlierenartig. Falten, Spritzer Flecken können sehr irdisch und kosmisch zugleich wirken.

 

 

 

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