Pressearchiv 2009

Stadtanzeiger Mosbach, 7. Mai 2009

Doppelspiel – Räume zwischen Realität und Imagination

Kunstverein Neckar-Odenwald zeigt Arbeiten von Ulrike Thiele und Alfie Stauch-Zuppinger

 

von Dorothee Lindenberg

Wie nehmen wir Raum wahr? Was ist außen, was innen – wie definiert sich das Verhältnis von virtuellem und realen Raum? Mit dem „Doppelspiel“ der beiden Künstlerinnen Aflie Stauch-Zuppinger und Ulrike Thiele geht der Kunstverein Neckar-Odenwald im Alten Schlachthaus in die zweite Runde. Vereinsvorsitzender Werner Zeh freute sich über das außerordentlich große Interesse, das die Ausstellungseröffnung ganz offensichtlich bei Kunst- und Kulturinteressierten hervorgerufen hat, startete aber bei aller Freude mit einer Gedenkminute für den am Vorabend der Vernissage verstorbenen Kunstfreund und Förderer Prof. Dr. Dr. Joachim Mühling.

Es müsse wohl an den beiden „Zugpferden“ liegen, allen voran an der Mosbacher „Lokalmatadorin“ Ulrike Thiele, dass das Alte Schlachthaus „volles Haus“ vermelden konnte und der Blick eigentlich auf das Wesentliche verstellt sei, scherzte Oberbürgermeister Michael Jann gutgelaunt zwischen zwei Kunstwerken. Wenn auch der Kunstbetrachtung weniger zuträglich, so müsse eine derart üppige Menschenkulisse, darunter auch einige Mosbacher Kunstschaffende, den Ausstellerinnen eine reine Freude sein, vermutete er augenzwinkernd. Was sich aber genau hinter dem „hintersinnigen“ Doppelspiel oder dem gemischten Doppel verbarg, brachte die Kunsthistorikerin Birgit Höppl aus Neu-Ulm in einer erfrischend persönlichen und liebevoll freundschaftlichen Werkseinführung ans Tageslicht.

Keine willkürliche Ausstellungsliaison seinen Alfie Zuppinger und Ulrike Thiele im Alten Schlachthaus eingegangen. Im Doppel spielen gelänge nur, wenn man oder eben frau „gut miteinander könne“. Das imaginäre Spielfeld gehöre abgesprochen, Positionen müssten eingehalten werden, was ohne den nötigen Respekt voreinander und den Dialog miteinander unmöglich gelingen könne, glaubte Höppl. Diesen Dialog pflegten die am Bodensee lebende Zuppinger und die Mosbacherin Thiele auf das Gründlichste und dies nunmehr seit zwölf Jahren. Das Ergebnis dieses gemeinsamen Nachdenkens, das daraus resultierende Sprechen über Kunst, die ganz offensichtliche Seelenfreundschaft lässt sich bis Anfang Juni im „Doppelspiel“ bewundern.

Die aus dem Bayerischen Wald stammende Alfie Zuppinger, die ihr Handwerk „von Grund auf“ bei Gabriele Schade-Hasenberg in Berlin gelernt hat, beschäftigt sich seit 1992 professionell mit der Malerei. Schicht für Schicht in zwingend gemäßigtem Tempo trägt sie dünne Farblagen auf. Was mit Farbfeldmalerei, an einen Marc Rothko erinnernd, begonnen habe, sei zunehmend gegenständlich lesbar geworden und lasse an Gerhard Richter und Peter Doig denken. Älter und weit länger begleitet Zuppinger die Fotografie, die sie aber erst mit Annäherung an ihre malerische Arbeit als Ausdrucksmittel akzeptiert habe und dem Betrachter gleichermaßen einen scharfen Blick bei augenscheinlicher Unschärfe des Motivs abverlange.

Sowie Zuppinger ihre gemalten Schichtprozesse als eine Art „Ausloten räumlicher Konsistenz“ überschreiben könne, so begebe sich auch Ulrike Thiele auf die Suche nach dem Wesen des Raumes. Erforschung und Beschaffenheit von Räumen, ihre prozesshafte Auseinandersetzung, das Hinterfragen und die Wirkung seien stetes Anliegen der in Mosbach lebenden und arbeitenden Künstlerin. Thiele baut zwei filigrane Turmsilhouetten aus Kupferrohr unterschiedlicher Kubatur fiktiv ineinander, offen betretbar und abgrenzend zugleich, vielleicht wehrhaft anmutend, real und imaginär in einem. Von Kind an hätten Konstruktion, Stabilität, Raum und Material sie begleitet, wusste Höppl. Anders als vielleicht erwartet habe sie nicht den Beruf der Architektin erwählt, sondern Schmuck- und Gerätedesign studiert. Indes das Thema Raum habe Thiele nie losgelassen und erst später, seit 2002 arbeitet Ulrike Thiele im eigenen Atelier, den Weg dorthin gefunden.

Seit mit Ende der Avantgarde in den 70er Jahren parallel alles möglich sei, wie Ausstellungsmacher und Museumsmann Jean-Christophe Amman formulierte, entscheide die Intensität und Authentizität des Einzelnen , dessen Gegenwartsbewußtsein über Aktualität und Bedeutung von Kunst. Genau dies sah Birgit Höppl in hohem Maß bei den Künstlerinnen erfüllt.

 

 

 

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