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Wie die Ziege vor das Schlachthaus kam - Christian Adam zeigt im Kunstverein „Mensch und Tier“

 

Von Peter Lahr

80 Menschen und ein Tier, um genau zu sein, eine schwarze Ziege, konnte Kunstvereins-Vorsitzender Werner Zeh am Sonntagnachmittag im Alten Schlachthaus zur Vernissage begrüßen. Eingebettet in den „Mosbacher Sommer“, zeigt der Neckarsteinacher Künstler Christian Adam die Ausstellung „Mensch und Tier“.

„Schlachthaus, damit sind wir auch schon beim Thema“, betonte Bürgermeister Michael Keilbach in seinem Grußwort. Als „ein Kind vom Lande“ habe er vielleicht einen anderen Bezug zu Tieren als der Künstler, der bekannt dafür sei, gerne zu provozieren: „Haustiere zum Schmusen, Hoftiere zum Essen“, lautete Keilbachs Devise.

„Gleich am Eingang sehen wir eine lebendige Ziege, die aus einem Stuhl Heu frisst“, erläuterte Werner Zeh. Sie stehe für das lebendige Wesen und bilde damit einen Gegensatz zu der „toten Kunst“ drinnen. Das mit Fell ummantelte Kreuz, vor dem der Kunstvereins-Vorsitzende redete, stehe sinnbildlich für die geschundene Kreatur. „Ich bin hier nicht der Assisi-Franz sondern der Künstler, der Mitgefühl mit den Tieren zeigt“, zitierte Zeh den Träger des Willibald-Kramm-Preises 2006. „Adams Bilder sind wie Mobiles“, empfand Zeh. Mit Lust am Absurden und einer schäumenden Fantasie spiele und jongliere Adam. Er gestalte nicht nur Zeichnungen, Reliefs, Objekte und Installationen, sondern verfasse auch Texte. Eine Auswahl letzterer präsentierte der Heidelberger Schauspieler Rainer Kleinstück. „Manifest: Kunst ist für mich die Lust am Alleinsein“, deklamierte er und forderte: „Töten sollte schon einen Sinn ergeben.“ Nachdem sich Kleinstück eine Gummischürze umgebunden und zum Hackebeil gegriffen hatte, ging alles ganz schnell. Keine Angst! Die geliehene Kunst-Ziege blieb am Leben. Vielmehr ging es den mit Fleischerhaken an einer Staffelei befestigten Papieren an den Kragen. Das Stehpult wurde zum Hackklotz. Das Alte Schlachthaus zur Bühne für ein absurdes Ein-Personen-Weltentheater, vorgetragen voller Verve. „Fressen Schweine Rinder oder Rinder Schweine?“, fragte sich der Mime und wusste: „Die Schafsköpfe von heute sind die Lämmer von gestern.“ Neben solchen Sponti-Weisheiten, wie sie in den 1980er-Jahren angesagt waren, gabs schwerer verdaubare Sentenzen wie: „Sportfischer sind Mörder aus Langeweile“, oder: „Der Mensch besteht aus Rassenwahn.“ Auf diversen Saxophonen unterstrich Knut Rössler das Gesagte. Manchmal loteten seine Improvisationen die Grenzen des Schrillen aus, dann persiflierten sie „In München steht ein Hofbräuhaus“.

Eine großartige Zeichnung eröffnet die Ausstellung. Auf „Heilige Einfalt“ blickt ein linear wiedergegebenes Rindvieh auf ein rätselhaftes Konglomerat aus drei Rinderköpfen. Auch die Serie „Monkey sagt Danki“ spielt noch überaus witzig mit der Erwartungshaltung des Betrachters. In dicken Goldrahmen tummeln sich Fellstückchen und werden zu frettchenhaften Lebewesen, die sogar aus einem Strohhalm zu trinken verstehen.

Eher plakativ bis platt wirken dagegen Arbeiten wie „Heißer Hobel“. Eine nackte Barbiepuppe positioniert sich da auf einem alten Hobel. Erinnerungen an Meret Oppenheims berühmte pelzbezogene Kaffeetasse „Le Déjeuner en fourrure“ von 1936 weckt nicht nur das große Pelz-Kreuz. Auch der an zentraler Stelle eingedeckte „Gourmet-Tisch“ lebt von den Pelzstückchen. Dass einige Scheiben roher Schinken „Intarsien – Körperwelten“ benannt werden, wirkt ebenso lustig wie der Preis von 2000 Euro. Eher auf Effekt gearbeitet, scheint die Installation „Fangschuß“, bei der Adam eine unbekleidete Babypuppe auf ein Holbrettchen montierte, wie sie normalerweise für Rehgeweihe verwendet werden. Folgerichtig bilden drei Würste erigierte „Jagdtrophäen“.

Das Beziehungslose im Umgang mit Schlachtvieh stoße ihn ab, unterstrich Christian Adam. Besonders, da es auf dem Streben nach maximalem Profit basiere. Konsequenterweise hat er seit Jahren kein Fleisch mehr gegessen. Von Wurst wollen wir hier nicht sprechen.

 

 

 

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