Pressearchiv 2010

Rhein-Neckar-Zeitung, 16. September 2010

Poesie in Grün verwandelt das „Alte Schlachthaus“

Monika Linhards Rauminstallation bringt Tüten zum Flüstern

 

von Peter Lahr

 „Der Raum ist total grün“, beschrieb die Frankfurter Künstlerin Monika Linhard, welche Farbe die Besucher von „Tütengeflüster“ im „Alten Schlachthaus“ am Sonntagvormittag 11 Uhr zu erwarten haben. Bei einer Vorbesichtigung des Mosbacher Domizils des Kunstvereins Neckar-Odenwald gestern Vormittag zeigte sich schnell, dass die Farbe nur einen Aspekt der „thermischen Installation“ bilden wird.

16 Strahler mit je 500 Watt Leistung sollen den Raum zwar in grünes Licht tauchen. Sie sorgen aber zusätzlich dafür, dass die von der Decke herabhängende Armada von grünen Plastiktüten – der Kenner wird darin unschwer „Hemdchenbeutel“ erkennen – aufgeblasen wird. „Die Tüten stoßen aneinander, reiben sich. Bewegung, Dynamik entsteht. Die Tüten beginnen zu flüstern“, skizzierte Monika Linhard anschaulich den angestrebten Effekt und fügte hinzu: „Ich finde das sehr poetisch. Das Wispern hört man, wenn man leise ist.“

Bis dahin ist noch viel Maßarbeit zu leisten. An zentraler Stelle legte Monika Linhard ein rautenförmiges Raster als Grundform auf dem Boden an. Jeder Strahler ist vier „fliegenden“ Tüten zugeordnet. Erstaunt war die Frankfurterin, dass Kurator Werner Zeh mittels moderner Lasertechnik den Einsatz ihres Lots überflüssig machte. Ganz bewusst hält sie aber im Zeitalter der LED-Technik an den „Floor-Spots“ fest: „In 20 Jahren sind die schon so antiquiert, dann werden sie bei dem einen oder anderen Besucher vielleicht die Erinnerung an Discobesuche anfachen.“

Die Ursprungsidee der „Windbeutel“ basiert erstaunlicherweise auf einem Naturerlebnis: Ein winterliches Hochwasser am Main spülte viel Plastik und Müll ans Ufer. Als das Wasser wieder zurückging, entdeckte Monika Linhard eine „Eislinie“ am Ufer: „Im Gebüsch waren die Plastiktüten wie auf einer Linie angefroren. Der Wind hat sie dann herausgeholt und vor sich her getrieben.“ Dass das Material sich hierbei die Form selber formte, faszinierte die Künstlerin so sehr, dass sie beschloss, das „Naturelement Wind“ im Innenraum nachzubilden.

Auch wenn die hohe Decke des „Alten Schlachthauses“ für das Befestigen der Tüten mittels Reißzwecken und Nylonfaden ein Rollgerüst nötig macht. Monika Linhard ist vom Raum begeistert: „Es ist ja gar nicht so einfach, für Installationen geeignete Räume zu finden. Hier passen die Proportionen. Es ist toll, dass die Fenster so weit oben liegen. Dank der weißen Wände wirkt die Installation viel stärker.“

Eine Reihe von kleinen Objekten zum Thema „Fliegen“, zeigt Monika Linhard im kleineren Nebenraum. Sie sind aus technischem Klebeband gefertigt. Inspiration bot ausgerechnet Friedrich Merz, der die Steuererklärung auf dem Bierdeckel erfand. Ob er an jenen luftigen „Bierdeckelmodellen“ seine Freude hätte? Hubschrauber, Fallschirmspringer und düsenartige Gebilde verbinden Humor mit der „Freude am Machen, Tüfteln, Ausprobieren.“ Eine bewusste Ergänzung zu der eher konzeptuell gehaltenen Installation. Für jene „leichte Arbeit“ sei Grün absolut geeignet: „Grün ist eine sehr meditative Farbe“, betonte die Künstlerin, die nicht nur in den Arbeiten der letzten Jahre den Grüntönen huldigte. Auch im praktischen Modealltag greift sie gerne zu der Farbe von Blättern und Pflanzen.

 

 

 

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