Pressearchiv 2009

Rhein-Neckar-Zeitung, 1. Juli 2009

Kunst-Konglomerat will Besucher bewusst irritieren

Mitglieder-Ausstellung des Kunstvereins im Vis-à-Vis eröffnet – Experimentelle Zusammenschau regte zum Diskutieren an

 

Von Peter Lahr

„Nur die Kunst gibt uns die Möglichkeit, etwas zu sagen, was wir nicht wissen“, begrüßte Werner Zeh, Vorsitzender des Kunstvereins Neckar-Odenwald, am Sonntagvormittag an die 100 Gäste zur Eröffnung der aktuellen Mitgliederausstellung 

„Konglomerat Kunstverein“ im Buchener Kulturforum „Vis-á-Vis“ (Apostroph bitte ändern). Die Arbeiten von 24 Künstlerinnen und zehn Künstlern (siehe Kasten) hat Ingolf Jännsch ganz im Sinne Josef Beuys zu einer „sozialen Plastik“ arrangiert. Deshalb ergänzen die Schau Diskussions-Foren an den Sonntagen und eine CD von Ingmar Jännsch, der mittels Klangcollagen und Musik den Begriffen „Künstler sein“, „Kunstverein“ und „Konglomerat“ nachspürt.

Im Stilpluralismus, der sich auch in der Buchener Ausstellung offenbare, sah Werner Zeh weniger Orientierungsängste als vielmehr ein weltweites Phänomen, das er als „Symptom der modernen Gesellschaftsverfassung“ deutete.

Der erste Eindruck sei „zunächst einmal ungewöhnlich, vielleicht ein Stück weit sogar gewöhnungsbedürftig“, befand Landrat Dr. Achim Brötel, der sein Grußwort auch für den anwesenden Bürgermeister Roland Burger hielt. Dass der Neckar-Odenwald-Kreis ein gutes Pflaster für Kunst sei, das schlussfolgerte Dr. Brötel aus der bunten, vielfältigen, lebendigen, interessanten und auf einem sehr hohen künstlerischen Niveau stehenden Ausstellung.

Eine buntes Gemisch, das die „Parallelwelt Kunst“ ebenso thematisiere, wie die Parallelwelten, aus denen heraus Kunst entstehe, bilde „Konglomerat Kunstverein“ nach Ansicht Ingolf Jännschs. Das Konzept der unjurierten Ausstellung, jedem Teilnehmer eine Kunst-Fläche von vier Quadratmetern Wand – bzw. zwei Quadratmetern Boden - zur Verfügung zu stellen, sei ein bewusst eingegangenes Risiko, ein spannendes Experiment. Herausgekommen sei ein „Erlebnisfeld, eine begehbare Rauminstallation“. In zwei Sätzen durften sich die Teilnehmer zudem zu Kunst im Allgemeinen bzw. ihrer künstlerischen Tätigkeit äußern. „Kunst gestaltet Leben und Gesellschaft“, unterstrich Jännsch. Bewusst habe er die einzelnen Arbeiten auch nicht beschildert: „Der Betrachter wird nicht geführt, eher irritiert, er muss seinen eigenen Weg der Auseinandersetzung suchen, in einer eher beunruhigenden Fülle, als in meditativer Leere.“

Trotz „Petersburger Hängung“ gelang Jännsch das Kunststück, einen Bildraum zu schaffen, der nicht überfüllt, sondern äußerst luftig wirkt. Bilder, Skulpturen, Installationen und Graphiken fügen sich auf den ersten Blick zu einem spannenden Gesamtkunstwerk, dessen Brüche erst im Detail offenbar werden. Auf die Arte povera verweisen die prall gefüllten Kartons voller „Bücher“ aus Altpapier, die dem Eintretenden den Weg weisen. „Im Anfang war das Wort“ ist auf einer von vier Fahnen zu lesen, deren Spektrum von Schwarz-Weiß bis zu den Regenbogenfarben reicht. Verweise auf die Kunstgeschichte – von Cranach bis Chagall – fehlen ebenso wenig wie Art-Brut oder in Bob-Ross-Manier gespachtelte Landschaftsschwelgereien. Doch besonders bei den kleinerformatigen Werken gelang die Verknüpfung vielfach. Einen spannenden „Kunstwald“ bildet der Binnenraum. Von der ausdrucksstarken Holzplastik bis zum Stuhlquartett für Gartenfreunde, Götterboten und Sitting Bulls reicht das Angebot. Dass sich dem Betrachter die „Produzenten“ nicht erschließen, wirkte bei der Vernissage zwar kommunikationsfördernd. „Weißt Du, von dem das ist?“, lautete der am häufigsten zu hörende Satz. Da jedoch ein Teil der Werke signiert ist, läuft das Argument der Ent-Inividualisierung ins Leere.

 

 

 

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