Pressearchiv 2009

Rhein-Neckar-Zeitung, 16. Juni 2009

Der Feuersalamander zeigt sein Innerstes

Heiko Pippig präsentiert neue Arbeiten im Mosbacher Alten Schlachthaus – Großes Interesse bei der Vernissage

 

von Tim Krieger

Mosbach. Selten war das Interesse an einer Ausstellungseröffnung des Kunstvereins Neckar-Odenwald größer als am Sonntag bei der Vernissage zur Ausstellung „Dem Feuer näher als der Erde“ mit neuen Arbeiten des Mosbacher Künstlers Heiko Pippig.

Das Alte Schlachthaus fasste die vielen Besucher kaum – keine Rede also vom sprichwörtlichen Elfenbeinturm der Kunst, der Vorsitzende des Kunstvereins, Werner Zeh, zeigte sich in seiner Begrüßung glücklich darüber. An diesem Vormittag gab es eine sehr intensive Begegnung eines Künstlers und „seiner“ Stadt! So viele der Menschen, für die der 1951 in Mosbach geborene Heiko Pippig eine wichtige, eine gut bekannte Figur ist, kamen um zu sehen und zu hören.

Dies brachte auch Oberbürgermeister Michael Jann in seinem Grußwort zur Sprache, als er darauf hinwies, dass die Stadt Mosbach sich der künstlerischen Bedeutung Pippigs seit vielen Jahren bewusst sei, was sich auch ganz greifbar seit 1987 in verschiedenen Kunstankäufen ausdrückte.

Jann zeigte sich auch erfreut darüber, dass der Maler in diesem Jahr das Plakatmotiv für den Mosbacher Sommer gestaltete. Auch diese in Kooperation zwischen Stadt und Kunstverein veranstaltete Ausstellung sei Ausdruck der Verbundenheit zwischen Künstler und Stadt.

Der Landtagsabgeordnete Georg Nelius äußerte sich im Anschluss an OB Jann „als Freund“. In sehr persönlichen Worten umriss er, wie er den Freund und Maler und dessen Gedankenwelt kennen und schätzen gelernt hat.

Die sachkundige und tiefgehende Laudatio der Kunsthistorikerin Kadidja Kirbach von der Münchner Galerie Abercron, die Pippig vertritt, folgte. Sicherlich – Heiko Pippigs Arbeit ist klassische Malerei. Sie kommt dem kunstgeübten Betrachter entgegen, hilft ihm, indem sie eine Sprache benutzt, die ihn bei aller Experimentierfreude nicht vor den Kopf stößt oder ratlos lässt. Dennoch erwies sich diese Einführung als enorm hilfreich dabei, dem Künstler und seinem Werk näher zu kommen.

Bereits nach wenigen Sätzen zitierte die Rednerin den Gedanken Hermann Hesses: „Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.“ Dies liegt wie ein Leitmotiv über dem Schaffen des Malers und drückt sich in den vielen Wendungen und Neuerungen aus, die Pippigs Werk erfahren hat.

Doch eines zieht sich bis heute durch alle Änderungen der Form: das Motiv Mensch. Damit lag der Maler zur Zeit seiner Akademie-Ausbildung in Karlsruhe bei Markus Lüpertz gegen den Trend – denn damals war Abstraktion „angesagt“. Damit war er zeitlos und gleichzeitig seiner Zeit voraus, wie Kirbach deutlich machte.

Kadidja Kirbach macht in der jahrelangen Befassung mit dem Menschen seit den vier Hauptphasen aus: der schwerblütige Stil der unbunten Bilder in den 80 Jahren, die Porträts der frühen 90er Jahre mit kühl-pastelligem Farbklang, in denen Gesichtszüge und Körperlinien wie aus der Tiefe auftauchen. In den späten 90er Jahren werden sie durch ein Konzept abgelöst, das monochrome Farbräume schafft, „in die sich die Körper hineinschmiegen können.“ Und schließlich zu Anfang des neuen Jahrhunderts – „urban-gelöste“ Bilder in lichten Farben.

Und heute? Die Kunsthistorikerin kommt zu der Antwort, dass sich wieder etwas ändert, etwas Neues ans Licht will. Sie spricht von einer Implosion von Form und Farbe, von „pyrotechnischen“ Bildern.

Auch erwies sie sich als fähig, in die Tiefen künstlerischen Seins vorzudringen und hier mit ihren Worten auf berührende Weise dem Menschen und Künstler Heiko Pippig gerecht zu werden.

In mythologische Bilder gekleidet beschreibt sie die dem Feuer nahe Existenz des Künstlers, der in seiner Arbeit im wahrsten Sinne sein Leben aufs Spiel setzt. Sehr eindringlich beschreibt sie den Künstler als Geburtshelfer, der etwas sichtbar ist, was bereits im Unsichtbaren angelegt ist. Mit einem Bild endet sie auch ihre Laudatio, indem sie an die Legende vom Feuersalamander erinnert, den Benvenuto Cellini als Wappentier des Künstlers sah: er lebt in Flammen, die ihn nähren und nie verzehren.

Von diesem Feuer ist im Alten Schlachthaus viel zu spüren, hier bekommen die meist großformatigen Arbeiten Raum zu atmen und können die innere Kraft entfalten, die in ihren gewaltigen Farbagglomerationen gespeichert ist.

Und Heiko Pippig selbst? Er, dessen Werk von viel Ernst geprägt ist, bat sein Publikum mit verschmitztem Lächeln: „Lasst mich noch in Mosbach bleiben und weiter meinen Unfug treiben!“

Die Mosbacher (und nicht nur sie) werden ihm dies hoffentlich zugestehen und – wenn sie klug sind – sich seinen „Unfug“ im Alten Schlachthaus ansehen!

 

 

 

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