Pressearchiv 2008

Rhein-Neckar-Zeitung, 6. Mai 2008

Skurriles Weltentheater in Schwarz-Weiß

Uwe Ernst zeigt im Kunstverein großformatige Kreidezeichnungen

 

Von Peter Lahr

„Manche der Bilder sind ein bisschen gemein“, fand OB Michael Jann bei der Vernissage am Sonntagvormittag und fügte hinzu: „Ich kann Ihnen nur Lust machen auf diese wunderbare Ausstellung.“ Ähnlich begeistert war der Laudator und Kunstvereins-Vorsitzende Werner Zeh, als er Werke von Uwe Ernst zum ersten Mal auf der Art Karlsruhe sah. Und nun sind sie im Alten Schlachthaus zu sehen. Unter dem Titel „Existentielles – Schwarz auf Weiß“ zeigt der Künstler aus Böbingen / Rems 14 großformatige Kreidezeichnungen. Wobei großformatig fast schon untertrieben klingt. Denn die ausgestellten Werke messen leicht ihre 140 auf 220 Zentimeter. „Es ist so greifbar. Man kann reintreten ins Bild“, erläuterte der Zeichner den Vorteil des außergewöhnlichen Formats. Auf einem kleineren Blatt könne er vieles von dem gar nicht unterbringen, was zu zeigen ihm auch Spaß bereite.

Die Wirkung eines bühnenbildartig geschichteten Weltentheaters, sie drängt sich dem Betrachter schnell auf. Denn wieder einmal bewährt sich das Alte Schlachthaus als atmosphärischer Ausstellungsort. Verborgene Türen und Fallböden tun sich allerorten auf. Über Gleise von surrealen Achterbahnen beugen sich verbissen arbeitende Techniker. Auch wenn pittoresk aufgetürmte Schrotthäufen von ihren Misserfolgen künden, lassen sie sich nicht von ihrem Tun abbringen. Immer neue Gefährte schicken sie auf den Weg. Rätselhafte Haken und Greifarme ersetzen das Damoklesschwert.

Virtuos beherrscht Uwe Ernst die Klaviatur der Stimmungen. Seinem Faible für Alptraumhaftes kommt es zustatten, dass der versierte Zeichner über einen reichen Fundus an Grau-Abstufungen verfügt. „Technisch gesehen eine interessante Geschichte“, erläuterte der Künstler, der seit über drei Jahrzehnten mit dem Medium Kohle experimentiert. Man könne diese ja nur mit Schmirgelpapier „anspitzen“. Den dabei anfallenden Staub „recycelt“ Ernst, indem er ihn mit Wasser verdünnt aufträgt. Recht komplexe Techniken hat sich der Zeichner angeeignet, die immer wieder zu erstaunlichen Resultaten führen. Das spielerische Element, es findet sich auch in Ernsts Figuren wieder. Das „Abendmahl“ versammelt als Jünger zwar Fantasiegestalten. Doch mit dem Herrn an zentraler Stelle hat es eine besondere Bewandtnis: „Das ist eine Mischung aus mir und meiner Frau“, verriet der Künstler. Lächelnd fügte er hinzu: „Das ist auch ein Spiel.“ Viele Skizzen waren Vorbedingung für dieses Hauptwerk.

Nur zu gerne spielt Uwe Ernst auch mit der Perspektive. Diese wirkt häufig nur auf den ersten Blick stimmig. Die Kunst bestehe darin, einen Bildraum wie etwa beim „Kreis“ mit unterschiedlichen Perspektiven aufzuklappen, ohne dass dieser dann auseinanderfalle. Wenngleich der spontane Strich überall fasziniert. Kompositorisch sind die Arbeiten detailliert ausgearbeitet. Den Vergleich mit einer Bühne ließ Ernst durchaus gelten.

Einen Kontrast zur Strenge der Schwarz-Weiß-Optik brachte Dorothea Ernst mit ihrer Gesangsperformance in die Vernissage. Rote Satinhandschuhe und Schuhe, dazu lila Aufsätze auf ihrem Fantasiekleid. Über all dem thronte eine Art aufgeblasene Baskenmütze von Gaultier. So wurde aus der Ehefrau des Künstlers eine eigenständige Kunstfigur. Wortklangcollagen, für die andere ein Mischpult benötigen, präsentierte die ausgebildete Sängerin, die auch eine Stimm- und Sprecherziehungsausbildung genoss. Sie pendelte bei ihren selbstverfassten Texten zwischen Stimme und Gesang, Schrillem und Sonorem, Abgedrehtem und Nachvollziehbaren. „Nimm mich mit auf deine Barrikaden“, forderte sie im Dialog mit dem Bild „G’scheit scheitern“ – gewidmet Christian Friedrich Schubart.

 

 

 

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