Pressearchiv 2006

Rhein-Neckar-Zeitung, 16. 3. 2006

Der Sog unwirklicher Landschaften

Ausstellung „Contemplationes“ des Fotografen Rainer Zerback im Kreiskrankenhaus Buchen eröffnet

 

von Mario Nitschmann

Buchen. Kunst im Kreiskrankenhaus Buchen gehört schon seit langem zu einer festen Größe im Kulturgeschehen der Stadt Buchen. Ein ganz besonderes Konzept wird dabei angewendet: Die Kunst kommt zu den Menschen und nicht umgekehrt. Gerade im Krankenhaus, wo Hunderte Menschen Tag für Tag durch die Gänge eilen, bieten Bilder Abwechslung und Ruhe zugleich.

Bei der Ausstellungseröffnung der Reihe „Contemplationes“ von Rainer Zerback am Sonntagnachmittag im Kreiskrankenhaus Buchen wurde gerade die für seine Bilder typische Nachdenklichkeit und Ruhe in den Vordergrund gehoben. Contemplationes, so der Titel von Zerbacks Zyklus, bedeutet laut Duden das konzentriert-beschauliche Nachdenken und das geistige Sichversenkens in etwas. Zu sehen sind Fotographien, die durch gezielte Überlichtung ein Objekt in Pastellfarben hervorbringen. Zerback wählt dabei hauptsächlich unwirtliche oder auf den ersten Blick von Menschen verlassene Landschaften in Nordafrika, Spanien und an der Nordseeküste aus.

„Schon als Kind haben mich vom Menschen gestaltete Landschaften fasziniert“, sagt Zerback, „und ich habe mich immer nach weiten, freien Landschaften gesehnt, die, anders als die Stadtlandschaft, den Blick nicht verstellen“.

Ein wahrer Sog geht von diesen unwirklichen, verschwimmenden Pastelllandschaften aus. Das flüchtige Hinschauen ist hierbei unmöglich. Oftmals wird etwas erst beim vierten oder fünften Blick offensichtlich.

Professor Dr. Volkhard Wolf führte in die Ausstellung ein und zeigte die wesentlichen Merkmale von Rainer Zerbacks Kunst auf. Es geht darum, so Professor Wolf, einfache archaische Landschaften zu erfassen. Motive, bei denen Vordergrund, Hintergrund und der Himmel nicht selten zu einem Ganzen verschwimmen. In diesen bildnerischen Zusammenhang stellt Rainer Zerback Lastwagen, Telegrafenmasten, Hütten und andere Spuren der menschlichen Zivilisation da. Fotografiegeschichtlich ordnet Zerback seine Arbeiten zwischen der „Straight Photography“ und der „New Topographics“ ein. Zu seinen Vorbildern gehören der Amerikaner Edward Weston und der in Mannheim lebende Robert Häusser.

Zerback hält, so Professor Wolf, nichts davon, ein Geheimnis um seine fotografische Technik zu machen. Er hält sie nicht für die konzeptionelle Substanz eines Werkes. Offen und ohne Umschweife beschreibt er, wie seine Bilder entstehen. Sie werden analog auf niedrigempfindlichem Farbnegativ aufgenommen und dabei um circa eine Blende überbelichtet. Beim Vergrößern werden die Bilder so stark unterbelichtet, dass sie ihre helle, duftige Anmutung erhalten. Die farbliche Verfremdung ist das Ergebnis von Farbfiltereinstellungen am Vergrößerer. Um trotz aller zurückgenommenen, pastellen Farbigkeit eine farbliche Reinheit und Intensität zu erzielen. Ist bei den gezeigten Bildformaten, nach Aussagen Zerbacks, mindestens ein Mittelformatnegativ Voraussetzung.

Passend zum Charakter der Contemplationes will der Künstler die Sprache einer Zeit nutzen, die sich fundamental von der Rastlosigkeit unserer Zeit unterscheidet. Die dargestellten Landschaften wirken auf den ersten Blick ästhetisch und romantisch. Bei vielen Bildern bemerkt man erst auf den zweiten Blick, dass sie nicht unberührt sind. Mit dieser ambivalenten und fremdartigen Darstellung von Wirklichkeit soll die Serie beim Betrachter ein Bewusstwerden und Nachdenken über unsere Lebensräume auslösen.

Als Hausherr überbrachte auch Landrat Dr. Achim Brötel beste Wünsche für eine erfolgreiche Ausstellung, die noch bis zum 14. Mai zu sehen sind. Die „Contemplationes“ bieten, so Dr. Brötel, einen besonders interessanten Ansatz – nur vordergründig etwas fürs Auge. In Wirklichkeit aber sollen die fotografischen Kunstwerke vor allem der Einstieg in eine geistige Auseinandersetzung mit dem zu Sehenden sein – eine geistige Auseinandersetzung, die der dem Betrachter eine Vielzahl und Vielfalt an Interpretationen und Emotionen ermöglich wird. Das ist sicher, schloss Landrat Dr. Achim Brötel, ein spannendes Unterfangen, das sich noch dazu wohltuend von anderen abhebt, die partout eine ganz bestimmte Botschaft vermitteln wollen.

Für die Stadt Buchen überbrachte der Beigeordnete der Stadt Dr. Wolfgang Hauck die besten Grüße und beglückwünschte den Kunstverein Neckar-Odenwald, dass er es immer schafft solch hochkarätigen Künstler für seine Ausstellung zu gewinnen.

Dr. Hahnfeldt, Chefarzt der Gynäkologie, freute sich, dass wieder einmal das Kreiskrankenhaus durch die Arbeiten eines sehr bekannten Fotografen aufgewertet wird. Die Bilderreihe lädtzum verweilen und versinken ein. Die Ausstellung ist noch bis zum 14. Mai im Kreiskrankenhaus Buchen zu sehen.

 

 

 

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