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Rhein-Neckar-Zeitung, 27. 7. 2005

 

Strahlende „Wege“ zum „Dran-vorbei-gehen“

 

Von Peter Lahr

 

Foto: Tim Krieger

 

Mosbach. Im Rahmen des Mosbacher Sommers eröffnete Werner Zeh, der Vorsitzende des Kunstvereins Neckar-Odenwald, am Sonntagvormittag die Ausstellung der Buchener Künstlerin Gertrude Reum im Alten Schlachthaus in Mosbach. 70 Kunstinteressierte lauschten der Laudatio von Prof. Dr. Hans Gercke, dem Direktor des Heidelberger Kunstvereins, darunter auch Mosbachs Bürgermeister Michael Jann und Buchens (Noch-) Bürgermeister Dr. Achim Brötel.

 

Werner Zeh freute sich über die große Resonanz der Ausstellung, die für ihn das Glanzlicht des Ausstellungsjahres 2005 darstellte. Mit der Ausstellung „Wege“ solle die Bedeutung der vielfach ausgezeichneten Künstlerin Gertrude Reum unterstrichen werden. Als Inbegriff allen Schaffens der seit 51 Jahren in Buchen lebenden Gertrude Reum nannte Zeh das Element der Bewegung. Sehr zufrieden zeigte sich der Kunstvereinsvorsitzende auch über die faszinierenden Bezüge zum Ausstellungsort; insbesondere die Lichtsituation komme den Exponaten sehr zugute. Dass Gertrude Reum auch „im zunehmenden Alter“ – sie wurde 1926 in Saarbrücken geboren – noch vor Energie sprühe, habe er während der Vorbereitungen der Ausstellung selber erlebt.

Vom Ausstellungstitel ließ sich Grußwortredner Michael Jann inspirieren. Ausgehend von dem Satz „Der Weg ist das Ziel“, könne man zu Gertrude Reum sagen: „Sie haben mit ihren Wegen das Ziel erreicht.“ Darüber hinaus sei es der Künstlerin gelungen, dem relativ kalten Material Stahl einen organischen Charakter zu geben. Jann fühlte sich von den ausschwingenden Bewegungen der Chromnickelstahl-Skulpturen an im Wasser treibende Anemonen erinnert.

„Im Spannungsfeld zwischen Fläche und Raum entspannt sich Gertrude Reums Kunst“, betonte Prof. Dr. Hans Gercke zu Beginn seiner Laudatio. Bei ihr gehe es stets ganz konkret um den realen und den virtuellen Raum. Der Betrachter werde unversehens Teil des Dialogs zwischen Skulptur und Raum. Themen dieser ungegenständlichen Werke seien Metamorphosen, Verwandlungen und die Bewegung.

Erstmals stellte Prof. Gercke Werke von Gertrude Reum 1971 in Heidelberg aus, damals setzte sie aus Druckknöpfen Aluminiumreliefs zusammen. Als Ausgangsmaterial dienten ihr Halbfertigprodukte aus der Radiogerätefabrik ihres Mannes. Bereits diese Arbeiten, die ihn an utopische Architekturmodelle erinnerten, besaßen für den Redner eine „entmaterialisierende Qualität“. Bis heute werde bei Reums Werken das Material zur Bühne für das Licht.

Geistesverwandtschaft zur Zero–Gruppe bescheinigte der Laudator der Künstlerin und stellte sie abschließend – ob des menschlichen Maßes, das er innerhalb der von jedem gegenständlichen Habitus entfernten Werke auszumachte - sogar in die Tradition der gotischen Skulptur.

Mit den Ausgangsmaterialien Licht und strahlendes Metall gelinge Reum eine „visuelle Poesie“, die vergessen mache, dass als Grundlage und Voraussetzung ein hohes technisches Können notwendig seien. Ihre Metallbilder auf geschliffenem Alu etwa „male“ sie mit einem fest installierten Schleifkopf als „Pinsel“.

„Malerei mit anderen Mitteln“ waren für Gercke auch die metallenen Wandobjekte „Kuben ohne Titel“. Denn durch die Reflexion des Himmelsblau und der im Raum vorhandenen Menschen und Gegenstände, käme dort schnell Farbe mit „ins Spiel“.

Auch bei den frei stehenden Skulpturen - vier sind im Alten Schlachthaus zu einer Sichtachse arrangiert, eine weitere befindet sich im Außenbereich der „Alten Mälzerei“ – steuere Gertrude Reum mit einer gewissen Strenge und Sparsamkeit der Gefahr des Dekorativen entgegen, befand Prof. Gercke. „Unerschöpfliche Vielfalt“ demonstriere die Künstlerin dagegen bei der Ausarbeitung ihrer dynamischen Kraftwellen, die antennenhaft den Kosmos ansprächen und somit Himmel und Erde verbänden.

„Das Team Werner Zeh und ich war großartig“ meldete sich Gertrude Reum selbst noch zu Wort, bevor sie viele der Anwesenden persönlich dazu aufforderte, doch an den Objekten vorbei zu gehen, um sie aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten zu können: „Nur wenn du daran vorbei gehst, erlebst du die Verwandlung“ gemahnte die Künstlerin. Universell sei jedoch die Hängerichtung: „Man kann die Objekte auch quer hängen, die haben kein oben und unten.“ Dem Autor dieser Zeilen gab sie folgende Sentenz mit auf den Weg: „Mein Reichtum sind meine Ideen.“

INFO: Die Ausstellung „Wege“ mit Werken von Gertrude Reum ist bis zum 4. September im Alten Schlachthaus in Mosbach zu sehen. Geöffnet ist donnerstags, samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr. Am 31. Juli, 7. August, 21. August und 4. September führt Gertrude Reum jeweils um 16 Uhr durch ihre Ausstellung.

 

Führungen durch die Ausstellung:

Die Künstlerin führt an folgenden Sonntagen selbst durch die Ausstellung: 7. August, 21. August, 4. September und 11. September, jeweils um 16 Uhr

 

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