Pressearchiv 2009

Rhein-Neckar-Zeitung, 18. November 2009

Ansichten von Körpern und Bauten

Fotografische Blicke von Robert Dämmig im Kunstverein

 

von Tim Krieger

Seit einigen Jahren widmet der Kunstverein Neckar-Odenwald regelmäßig Einzelausstellungen dem Medium Fotografie. Diese Reihe wird nun mit Arbeiten des Fotokünstlers Robert Dämmig fortgesetzt, die im Kulturforum Vis-à-Vis der Stadt Buchen zu sehen sind. Unter dem Titel „Rock.City.Scape“ sind Fotografien von großer formaler Kraft und Stringenz zu sehen, die eine fruchtbare Symbiose mit der Klarheit des  Ausstellungsraum eingehen.

Bei der Vernissage am vergangenen Sonntag gab Werner Zeh, der Vorsitzende des Kunstvereins, zunächst einen Rückblick auf das Ausstellungsjahr in Buchen und Mosbach, das von dieser Ausstellung beschlossen wird.

Bürgermeister Roland Burger attestierte in seinem anschließenden Grußwort den gezeigten Werken die Kraft, unsere Wahrnehmung zu erweitern, indem sie in einer subjektiv kritischen Auseinandersetzung den Blick auf Ausschnitte der Realität lenken, die üblicherweise übersehen werden.

In einem Künstlergespräch mit Werner Zeh, der auch die Ausstellung kuratierte, konnte man mehr über diese Auseinandersetzung erfahren. Dämmig, den der Kunstvereinsvorsitzende als „Virtuosen der dramatischen Perspektive“ bezeichnete, gab Einblick in seine fotografische Herangehensweise und den Hintergrund seiner Vorlieben für bestimmte Motivbereiche.

Ganz im Mittelpunkt seiner großformatigen, bis 2,40 m breiten Arbeiten stehen Architekturwelten, Außenaufnahmen sowie Ansichten von nicht mehr bewohnten, teils verfallenden Innenräumen. Es sind weniger Abbildungen als vielmehr Deutungen von Architektur, in denen die physische Gegenwart des Menschen nie sichtbar, aber stets fühlbar ist, auch wenn die Orte schon lange verlassen sind.

Dämmig sprach von einer starken Beeinflussung durch Malerei, insbesondere durch Konstruktivisten wie Hermann Glöckner, Vertretern des Bauhauses und  Zeitgenossen wir Frank Nitsche oder Stefan Plenkers. Seine Fotografie hat auch einen „malerischen Duktus“, wie er dies beschrieb, schließlich nimmt der Fotograf die Freiheit, durch die digitale Feinarbeit insbesondere Einfluss auf die Farbigkeit der Werke zu nehmen. Dabei bleibt er jedoch zurückhaltend: Betonung von Kontrasten, Verstärkung der Farbsättigung sind ihm selbstverständliche Mittel, auf Eingriffe in die Bildinhalte verzichtet er hingegen.

Beim Licht für seine Außenaufnahmen schätzt er das harte Sonnenlicht – dieses gibt ihm die Möglichkeit, tiefe Schwärzen in den Schatten und besonders aufleuchtende Farbigkeiten in seine Fotos zu bringen.

Bei seinen Innenräumen wird die Tendenz zur strengen Rhythmisierung, Vereinfachung und Verdichtung, die schon die Aussenaufnahmen kennzeichnet, noch verstärkt. Ihre konstruktivistische Kompositionsweise steht im Gegensatz zu den Bildinhalten, die von Unordnung, Verfall, Vernachlässigung erzählen. „Hässliches“ ist zu sehen, die Darstellungsweise jedoch wird zum Lehrstück strenger Ästhetik.

In den Bildpaaren seines umfangreichen Bilderzyklus „Swing“ kontrastiert der Fotograf Innenräume mit provozierend direkten Körperbildern – Ausschnitten eines nackten Männerkörpers, die durch Licht und Darstellungsweise alle Assoziationen zu „schöner“, die Oberfläche glättender Fotografie verbieten. Die Körperbilder blieben als einzige Arbeiten digital unbearbeitet, sie werden dem Betrachter „roh“ vorgeführt.

Dämig läßt viele seiner anderen Arbeiten jedoch erst reifen. Manche Bilder lagern bei ihm 3-4 Jahre ab, bis er sich an die aufwändige Arbeit der digitalen Optimierung macht, die mitunter Wochen und Monate in Anspruch nimmt, bis er mit dem Ergebnis wirklich zufrieden ist.

Obwohl seine Werke einen sehr geschlossenen Eindruck machen, sieht sich Dämmig nicht als seriell arbeitenden Fotografen. Er geht intuitiv vor, lässt sich vom Motiv lenken, betrachtet seine Fotos nicht als dokumentarisch, sondern eher als artifiziell.

Dem Architekturbild will der Künstler auch in Zukunft treu bleiben, für das kommende Jahr ist bereits eine große Reise durch Länder Osteuropas geplant. Eine Neuentdeckung ist für ihn eine persönliche Deutung von Unterwasserfotografie, wobei er mit diesen Arbeiten bisher noch nicht an die Öffentlichkeit gegangen ist.

Zweifellos hat der Kunstverein hier eine sehr überzeugende, hervorragend präsentierte Ausstellung nach Buchen gebracht, die unbedingt sehenswert ist! Und: es zeigt sich, dass sich die Begegnung mit Fotografien in der vom Künstler gewollten originalen Größe und Ausarbeitung niemals durch das Betrachten von gedruckten Abbildungen ersetzen lässt!

 

 

 

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