Der Künstler im Gespräch

Kunst und Konsum

Karsten Thormaehlen ist ein international tätiger Werbefotograf  und hat schon für alle gearbeitet, die Rang und Namen haben. Für die Bogners, Davidoffs, Chopards und Lancasters dieser Welt sind seine berauschend schönen Bilder oft nur Mittel zum Zweck. Warum Sie durchaus auch Kunstwerke sind, beantwortet er Prof. Dr. Wolf vom Kunstverein Neckar-Odenwald im nachstehenden Interview. Wie wir alle durch Werbefotografie beeinflusst werden, erklärt er Ihnen ausführlich bei seiner Ausstellungseröffnung am 8. Mai um 16.00 Uhr im Kreiskrankenhaus Buchen. Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen!

 

Wolf: Herr Thormaehlen, warum könnte man Ihre Art der Werbefotografie als Kunst einstufen?

Thormaehlen: Ich überlege mir aufgrund einer Aufgabenstellung, in der Fachsprache eines "Briefings", sehr genau, worum es dem Auftraggeber eigentlich geht. Als "Künstler" füge ich einen Teil meiner Selbst, meinen Stil oder was auch immer dem Kommunikat hinzu und stelle es so auf eine andere Stufe. Das verleiht dem "Ding" eine neue Identität.

Wolf: Würden Sie das bitte etwas genauer erklären? 

Thormaehlen: In der Werbung werden Bilder so eingesetzt, dass sie eine Art episodischer Reaktion im Bewusstsein hervorrufen. Wenn Sie die Bilder betrachten, läuft irgendeine Geschichte in Ihrer Fantasie ab. Ein Plakat, eine Anzeige, ein Fernsehbild muss man nicht verstehen, man muss die Botschaft verstehen und mögen.

Wolf: Ich staune dabei immer wieder, wie real für mich diese doch eher künstliche Welt der Werbefotografie ist.

Thormaehlen: Vieles von dem was wir heute Realität nennen, sind erfundene Bildwelten. Viele Menschen leben das, was sie in prägenden Phasen gesehen haben, tatsächlich später nach. Die Muster ändern sich da von Generation zu Generation. Denken Sie nur an das Kindergesicht auf der KINDERSCHOKOLADE oder dem BRANDT Zwieback. Das sind Bilder, die man sein ganzes Leben nicht mehr los wird.

Wolf: Aber einige Ihrer Bilder scheinen nicht nur einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, sondern es scheint auch ein dickes Ausrufezeichen hinter Ihnen zu stehen. Sie wirken wie ein Imperativ auf mich: „Du musst das jetzt gefälligst anschauen!“

Thormaehlen: Das liegt daran, dass die meisten Menschen ein Plakat nur ein paar Sekunden lang bemerken. In dieser Zeit muss die Information in ihr Bewusstsein dringen, und es muss etwas sein, das sie gern im Geist mitnehmen möchten.

Wolf: Gibt es Künstler, die für Ihre künstlerische Entwicklung besonders beeinflusst haben?

Thormaehlen: Oh ja... ich hatte immer Vorbilder deren "Geheimnis" ich zu ergründen suchte. Da ist z.B. Irving Penn zu nennen, oder der Schweizer Raymond Maier, Hans Hansen aus Hamburg. Den Tschechen Jan Saudek lernte ich 1987 persönlich in Prag kennen. Ich besuchte ihn zusammen mit einem Freund in seiner Privatwohnung und schenkte ihm ein Fotomagazin mitseinen Aufnahmen, zu dem er damals noch keinen Zugang hatte. Ich mag aber auch die Arbeiten von Steven Meysel und Nick Knight, zwei Fotokünstler, die sich immer wieder neu erfinden, die nie stehen zu bleiben scheinen.

Wolf: Warum beschäftigen Sie sich als Künstler ausgerechnet mit Werbefotografie?

Thormaehlen: Werbefotografie ist natürlich die lukrativere Sparte. Vorerst! – Künstler wie Andreas Gurski oder Thomas Ruff leben sehr gut von der Fotokunst. Das ist aber ein langer Weg - den die beiden auch so nicht geplant haben. Ich habe ein Kommunikationsdesign-Studium absolviert und war viele Jahre in der Werbung unterwegs, das prägt und ebnet so manche Wege.

Wolf: Werbefotos sind “Wegwerfprodukte”. Das Bild in der Werbung dient dem einmaligen Gebrauch und muss nach der Beendigung der Plakat-Kampagne entsorgt werden. Wie gehen Sie damit als Künstler um?

Thormaehlen: Viele Fotos werden aus einer Situation heraus gemacht und einige erlangen viel später Weltruhm. Weil sie die Qualität haben in unser kollektives Bewusstsein Einzug zu halten. Damit sind sie tatsächlich Kunstwerke, nur waren sie es nicht im Moment ihrer Entstehung.

 

Karsten Thormaehlen: Hochglanz. Eine Fotoausstellung des Kunstvereins Neckar Odenwald im Kreiskrankenhaus Buchen. Dauer der Ausstellung: 8. Mai bis 19. Juni 2005

 

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